
Rollenbilder überwinden: Wie ich alte Muster durchbrach
In unserem Leben begegnen wir immer wieder Erwartungen – sei es von der Familie, der Gesellschaft oder uns selbst. Sie prägen unsere Vorstellungen davon, wer wir sein sollen und wie wir unser Leben gestalten müssen. Doch was passiert, wenn diese Erwartungen nicht zu uns passen? Auch ich habe diesen Konflikt erlebt, und der Weg heraus war nicht immer leicht.
Die Last der Rollenbilder
Von klein auf lernen wir, uns anzupassen. Als Kind wurde mir gesagt, wie ein „gutes Mädchen“ sich verhalten sollte: freundlich, hilfsbereit, stets lächelnd. Später kamen weitere Rollen dazu: die perfekte Schülerin, die verlässliche Tochter, die erfolgreiche Erwachsene. Lange Zeit versuchte ich, all diese Erwartungen zu erfüllen, bis ich merkte, dass ich mich selbst dabei verlor.
Ein Moment, der mir besonders in Erinnerung geblieben ist, war ein Gespräch mit einer Freundin. Sie sagte: „Du wirkst immer so stark, aber ich frage mich: Wer bist Du wirklich?“ Diese Frage traf mich tief. Wer war ich wirklich? Und lebte ich nach meinen eigenen Vorstellungen – oder den Erwartungen anderer?
Warum es so schwer ist, Rollenbilder zu durchbrechen
Rollenbilder geben uns Orientierung und oft auch ein Gefühl von Sicherheit. Aber sie können auch einengend sein. Sich von diesen Vorstellungen zu lösen, bedeutet oft:
- Konflikte eingehen: Mit anderen, aber vor allem mit uns selbst.
- Unbekanntes betreten: Die alten Muster loslassen, ohne zu wissen, was danach kommt.
- Mut zeigen: Nicht mehr die Erwartungen anderer erfüllen, sondern den eigenen Weg gehen.
Mein Weg zu mehr Authentizität
Der erste Schritt war die Erkenntnis, dass ich nicht alles sein muss, was andere von mir erwarten. Das bedeutete, ehrlich mit mir selbst zu sein: Welche Rollen habe ich übernommen, die mir nicht entsprechen?
Ich begann, mich bewusst mit meinen Gefühlen und Wünschen auseinanderzusetzen:
Welche Erwartungen engen mich ein?
Was würde ich tun, wenn ich keine Angst vor Ablehnung hätte?
Welche Werte sind wirklich meine eigenen?
Diese Reflexion war nicht immer einfach. Es gab Momente, in denen ich mich schuldig fühlte, wenn ich Erwartungen nicht erfüllte – vor allem in der Familie. Doch ich lernte, dass wahre Verbindung nicht davon abhängt, wie gut ich mich anpasse, sondern davon, wie authentisch ich bin.
Tipps, um sich von einschränkenden Rollen zu lösen
Wenn Du selbst das Gefühl hast, in alten Rollenbildern festzustecken, könnten diese Schritte helfen:
- Reflektiere Deine Rollen: Nimm Dir Zeit, um zu überlegen, welche Rollen Du in Deinem Leben spielst. Welche davon fühlen sich leicht an, und welche sind schwer?
- Hinterfrage die Herkunft: Wer hat diese Erwartungen an Dich gestellt? Kommen sie aus der Familie, der Gesellschaft oder von Dir selbst?
- Setze Prioritäten: Überlege, welche Werte und Wünsche für Dich wirklich wichtig sind. Nutze sie als Kompass für Dein Handeln.
- Setze Grenzen: Es ist okay, „Nein“ zu sagen, wenn Erwartungen Dich belasten. Grenzen zu setzen bedeutet nicht, andere zurückzuweisen – sondern Dich selbst zu schützen.
- Umgib Dich mit Unterstützern: Suche Menschen, die Dich so akzeptieren, wie Du bist, und Dich ermutigen, Deinen eigenen Weg zu gehen.
Die Freiheit, Du selbst zu sein
Heute weiß ich: Rollenbilder sind nicht per se schlecht. Sie können Orientierung geben, solange wir uns nicht in ihnen verlieren. Es ist wichtig, die Rollen, die wir spielen, immer wieder zu überprüfen: Sind sie noch passend? Oder ist es Zeit, sie loszulassen?
Indem ich alte Muster durchbrochen habe, habe ich nicht nur mich selbst besser kennengelernt, sondern auch mehr Freiheit gewonnen. Es ist ein Weg, der Mut erfordert – doch er führt zu einem Leben, das wirklich zu Dir passt.
Wenn Du spürst, dass alte Rollenbilder Dich einengen, lade ich Dich ein, diesen Prozess zu beginnen. Deine wahre Stärke liegt nicht darin, Erwartungen zu erfüllen, sondern authentisch Du selbst zu sein.
Geschichte
Teil 13: Der Weg zu Pias wahren Identität: Alte Rollenbilder loslassen
Pia stand am Rand eines weitläufigen Parks, die Hände tief in ihre Jackentaschen vergraben. Vor ihr erstreckte sich eine Allee, gesäumt von alten Bäumen, deren kahle Äste wie knorrige Finger in den wintergrauen Himmel ragten. Der Frost lag wie eine zarte Decke auf den Wegen, und ihre Schritte knirschten leise auf dem gefrorenen Kies.
Dieser Park war für Pia immer ein Rückzugsort gewesen. Heute aber war sie nicht hier, um abzuschalten – sie war hier, um nachzudenken. Ihre Gedanken kreisten um das, was ihre Therapeutin in der letzten Sitzung gesagt hatte: „Welche Rollen spielen Sie in Ihrem Leben, Pia? Und welche davon entsprechen wirklich Ihnen?“
Diese Frage hatte sie seitdem nicht mehr losgelassen. Sie spürte, dass die Erwartungen, die andere – und sie selbst – an sie hatten, wie unsichtbare Fäden an ihr zogen. Die perfekte Tochter, die engagierte Kollegin, die immer hilfsbereite Freundin: All diese Rollen, die sie jahrelang gespielt hatte, fühlten sich plötzlich wie eine Last an.
Pia setzte sich auf eine Bank und zog ihren Schal fester um den Hals. Sie erinnerte sich an einen Moment aus ihrer Kindheit, der ihr immer wieder in den Sinn kam. Ihre Mutter hatte damals gesagt: „Ein gutes Mädchen macht es allen recht.“ Diese Worte hatten sie lange geprägt, doch heute fragte sie sich, ob sie wirklich gut für sie gewesen waren.
Mit geschlossenen Augen ließ Pia die Worte aus einem Blog, den sie kürzlich gelesen hatte, auf sich wirken: „Die Freiheit, Du selbst zu sein, beginnt dort, wo Du aufhörst, die Erwartungen anderer zu erfüllen.“
Sie hatte nie darüber nachgedacht, wie viele ihrer Entscheidungen nicht aus ihrem Innersten kamen, sondern aus einem Wunsch, gemocht oder anerkannt zu werden. Doch wer war sie wirklich, jenseits all dieser Rollen?
Ein tiefes Einatmen füllte ihre Lungen mit der kalten Winterluft, während sie begann, Antworten zu suchen. Die Vögel über ihr zwitscherten leise, als hätte die Natur beschlossen, sie in diesem Moment zu begleiten. Pia wusste, dass sie sich dieser Frage stellen musste, so unbequem sie auch war.
Langsam erhob sie sich von der Bank und blickte über die Allee. Sie war bereit, den ersten Schritt zu tun, die Fäden zu lösen, die sie zurückhielten. Ihr Leben war mehr als die Summe der Rollen, die sie spielte. Es war Zeit, es wirklich zu leben – auf ihre eigene Weise.
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